Donnerstag, 7. Januar 2016
Csar und Kleopata
palmi63, 18:32h
Ein Engel mit einem alten faltigen Frauengesicht rauscht heran, barhäuptig, unansehnlich. „Schaue Er mich nicht so widerlich an! Früher hätte ich so etwas köpfen lassen!“
„Und so etwas hätte man gar nicht erst auf die Straße gelassen!“, giftete ich zurück.
„Ihr sprecht mit der Zarin von Russland!“, geiferte sie und versuchte mich mit ihren Flügeln zu treffen, erkennend, dass sie ja Luft waren, um dann mich anzugreifen.
„Man spricht übrigens recht gut von Euch. Na gut, Eure Liebschaften, dass Ihr Euren Mann beseitigt habt, aber nur dadurch wurde Russlands Macht gestärkt und der Fortschritt hielt Einzug!“
„Sehr richtig! Was wäre Putin ohne mich!?“
„Lassen wir mal den Putin außen vor …“
„Lenin, ja Lenin, der sitzt mit Marx zusammen und diskutiert jeden Hustenanfall von Putin.“
„Und Sie hören da zu?“
„Was soll man sonst machen? Aber das wird Er schon noch lernen!“
„Übrigens, was hat Coco Chanel zu Eurer Frisur gesagt?“
„Warum hat Er es hierher geschafft, Seine Impertinenz!“
„Mal ehrlich, was ist passiert?“
„Mal schon was von Krätze und Flöhen gehört? Das war echt nervend, ist ja nun vorbei. Überhaupt diese Perückenmode! Auch Sein Outfit taugt wenig, um vor Schülern zu bestehen, hat man Ihn nicht stets verlacht?“
„Wenn ich so eine Goldschatulle gehabt hätte, wie Ihr, da hätte ich …“
„Hätte!“, lacht sie häßlich mit ihrem Mund aus dem noch häßlichere Zahnstümpfe ragten.
„Eine labbrige Jeanshose, labbriges T-Shirt „Fuck you“, da hätte nicht mal ein Schloß voll Gold gereicht, Ihm Geschmack einzuhauchen!“
„Und Eure Zahnstümpfe!“, meckerte ich zurück.
Goethe stand neben uns und amüsierte sich köstlich.
„Schon mal beim Zahnreißer gewesen? Echt spaßig, darf ich Ihm versichern!“, weg war sie und ein weiterer Engel schwebte heran, fraulich, hübsch und jung.
„Er hat meine Freundin beleidigt!“, sang sie mit feinster Stimme, dennoch recht zornig, „ich sag es meinem Cäsar! Mephisto ist ihm noch was schuldig, zur Hölle mit ihm!“
„Kleopatra?“, fragte ich vorsichtig.
„Wer sonst!“, gab sie beleidigt Auskunft.
„Ich hatte eben ein falsches Bild …“
„Ihr achtet nicht die Menschen, seht nur deren Äußeres! Im Bad vom Teer, wo Euch da die Haut vom Leib gerissen, werdet Ihr das Innere des Menschen schnell begreifen!“
„Glaubt Ihr denn der „Göttlichen Komödie“?“
„Ihr werdet es erfahren!“
„Schon gut, laßt mal den Cäsar mit seinem Brutus weiter zanken, während wir doch mal ein paar nette Engel besuchen könnten. Euer Gesicht gefällt mir ausgezeichnet, bis auf die beiden kleinen Einstiche in der Hand. Tat es sehr weh, der Schlangenbiss?“
„Wieso darf so ein Trampel hier oben weilen? Hitler und Stalin sind schon eine Zumutung, aber der hier, der ist das Allerletzte! Ein Flegel! Cäsar!“
Jetzt wurde es gefährlich, oder hoffentlich nicht!
Da kam er auch schon herbeigeflogen, recht markantes Gesicht, wenn auch ohne Lorbeerkranz.
„Mein Geliebter, dieser Wurm hier, ein Teutone noch dazu …“
„Sprich nicht weiter Liebes, Teutonen, Verräter, mir in den Rücken zu fallen im eisigen verregneten Germanien, dafür, dass ich ihnen Kultur brachte, …“
Da mußte ich mich aber einmischen: „Kultur mit Schwertern einzuprügeln …!“
„Ha, in Hütten haben sie gehaust, gestunken haben sie, Vielweiberei, …“
„Und warum wollte man Eure sogenannte Kultur nicht? Kultur kann man niemandem aufzwingen!“
„Da will mich ein Schulmeister belehren, der Angst davor hat, sein Klassenzimmer zu betreten, weil er keine Ahnung hat von dem, was er vermitteln soll.“
„Was meinen Sie damit?“, wollte ich erzürnt wissen.
„Lehrt, dass unser Altmeister hier,“, er wies auf denen neben uns umherfliegenden Goethe, „dass er rückständig gewesen sei und nie akzeptiert hätte, dass Demokratie geheißen hätte, ihn als Minister abzusetzen, wo er doch nur von einer Liebschaft zur anderen reiste.“
„Klar!“, rechtfertigte ich mich, „Der hat doch seinen Posten nur bekommen, weil er aus adligem Hause war und tun musste der gar nichts! Wenn ich da heute …“
„Halte er sein dummes loses Maul!“, tobte Cäsar, „Hat er denn immer noch nicht begriffen, dass alles im zeitlichen Kontext zu sehen ist. Alles entwickelt sich! Außer Ihr natürlich! Labert was von Ressourceneinsparung und spielt den „Zauberlehrling“ nach, setzt dabei fast das ganze Schulhaus unter Wasser!“
„Das wollte ich nicht, aber der Toni …!“
„Hör Er doch auf! Denken! Überlegen! Ein Gleichnis als Theaterstück, da braucht es Genie, Phantasie, Visionen und keinen plumpen Aktionismus.
Was hat es Ihm gebracht? Zurecht man ihn verlacht, gar abgemahnt der Dummheit wegen!“
Jetzt wandte ich mich an Goethe selbst: „Nun, mein Herr! Was sollte das mit dem Zauberlehrling? Dem Meister nicht widersprechen, immer nur gehorchen, nie eigene Erfahrungen machen?“
„Er rafft es nicht! Dumm geboren, dumm geblieben! Nie gelernt zu denken, sein Tun zu prüfen, sich zu hinterfragen. Ein Lehrer sollt er wirklich nicht mehr sein. Mephisto, ich muss Dich heute sehre loben! Hast recht getan, den Stuhl hinwegzuziehn, auf den er übermütig sich doch stellte. Kommt Ihm bekannt nicht vor das Ganze, einfach stur getan, was Ihm kam in den Sinn? Wollt klüger sein, als vor ihm alle und flattert um uns rum noch viel zu früh, denk ich.“
„Sie sind hart, großer Meister.“
„Und so etwas hätte man gar nicht erst auf die Straße gelassen!“, giftete ich zurück.
„Ihr sprecht mit der Zarin von Russland!“, geiferte sie und versuchte mich mit ihren Flügeln zu treffen, erkennend, dass sie ja Luft waren, um dann mich anzugreifen.
„Man spricht übrigens recht gut von Euch. Na gut, Eure Liebschaften, dass Ihr Euren Mann beseitigt habt, aber nur dadurch wurde Russlands Macht gestärkt und der Fortschritt hielt Einzug!“
„Sehr richtig! Was wäre Putin ohne mich!?“
„Lassen wir mal den Putin außen vor …“
„Lenin, ja Lenin, der sitzt mit Marx zusammen und diskutiert jeden Hustenanfall von Putin.“
„Und Sie hören da zu?“
„Was soll man sonst machen? Aber das wird Er schon noch lernen!“
„Übrigens, was hat Coco Chanel zu Eurer Frisur gesagt?“
„Warum hat Er es hierher geschafft, Seine Impertinenz!“
„Mal ehrlich, was ist passiert?“
„Mal schon was von Krätze und Flöhen gehört? Das war echt nervend, ist ja nun vorbei. Überhaupt diese Perückenmode! Auch Sein Outfit taugt wenig, um vor Schülern zu bestehen, hat man Ihn nicht stets verlacht?“
„Wenn ich so eine Goldschatulle gehabt hätte, wie Ihr, da hätte ich …“
„Hätte!“, lacht sie häßlich mit ihrem Mund aus dem noch häßlichere Zahnstümpfe ragten.
„Eine labbrige Jeanshose, labbriges T-Shirt „Fuck you“, da hätte nicht mal ein Schloß voll Gold gereicht, Ihm Geschmack einzuhauchen!“
„Und Eure Zahnstümpfe!“, meckerte ich zurück.
Goethe stand neben uns und amüsierte sich köstlich.
„Schon mal beim Zahnreißer gewesen? Echt spaßig, darf ich Ihm versichern!“, weg war sie und ein weiterer Engel schwebte heran, fraulich, hübsch und jung.
„Er hat meine Freundin beleidigt!“, sang sie mit feinster Stimme, dennoch recht zornig, „ich sag es meinem Cäsar! Mephisto ist ihm noch was schuldig, zur Hölle mit ihm!“
„Kleopatra?“, fragte ich vorsichtig.
„Wer sonst!“, gab sie beleidigt Auskunft.
„Ich hatte eben ein falsches Bild …“
„Ihr achtet nicht die Menschen, seht nur deren Äußeres! Im Bad vom Teer, wo Euch da die Haut vom Leib gerissen, werdet Ihr das Innere des Menschen schnell begreifen!“
„Glaubt Ihr denn der „Göttlichen Komödie“?“
„Ihr werdet es erfahren!“
„Schon gut, laßt mal den Cäsar mit seinem Brutus weiter zanken, während wir doch mal ein paar nette Engel besuchen könnten. Euer Gesicht gefällt mir ausgezeichnet, bis auf die beiden kleinen Einstiche in der Hand. Tat es sehr weh, der Schlangenbiss?“
„Wieso darf so ein Trampel hier oben weilen? Hitler und Stalin sind schon eine Zumutung, aber der hier, der ist das Allerletzte! Ein Flegel! Cäsar!“
Jetzt wurde es gefährlich, oder hoffentlich nicht!
Da kam er auch schon herbeigeflogen, recht markantes Gesicht, wenn auch ohne Lorbeerkranz.
„Mein Geliebter, dieser Wurm hier, ein Teutone noch dazu …“
„Sprich nicht weiter Liebes, Teutonen, Verräter, mir in den Rücken zu fallen im eisigen verregneten Germanien, dafür, dass ich ihnen Kultur brachte, …“
Da mußte ich mich aber einmischen: „Kultur mit Schwertern einzuprügeln …!“
„Ha, in Hütten haben sie gehaust, gestunken haben sie, Vielweiberei, …“
„Und warum wollte man Eure sogenannte Kultur nicht? Kultur kann man niemandem aufzwingen!“
„Da will mich ein Schulmeister belehren, der Angst davor hat, sein Klassenzimmer zu betreten, weil er keine Ahnung hat von dem, was er vermitteln soll.“
„Was meinen Sie damit?“, wollte ich erzürnt wissen.
„Lehrt, dass unser Altmeister hier,“, er wies auf denen neben uns umherfliegenden Goethe, „dass er rückständig gewesen sei und nie akzeptiert hätte, dass Demokratie geheißen hätte, ihn als Minister abzusetzen, wo er doch nur von einer Liebschaft zur anderen reiste.“
„Klar!“, rechtfertigte ich mich, „Der hat doch seinen Posten nur bekommen, weil er aus adligem Hause war und tun musste der gar nichts! Wenn ich da heute …“
„Halte er sein dummes loses Maul!“, tobte Cäsar, „Hat er denn immer noch nicht begriffen, dass alles im zeitlichen Kontext zu sehen ist. Alles entwickelt sich! Außer Ihr natürlich! Labert was von Ressourceneinsparung und spielt den „Zauberlehrling“ nach, setzt dabei fast das ganze Schulhaus unter Wasser!“
„Das wollte ich nicht, aber der Toni …!“
„Hör Er doch auf! Denken! Überlegen! Ein Gleichnis als Theaterstück, da braucht es Genie, Phantasie, Visionen und keinen plumpen Aktionismus.
Was hat es Ihm gebracht? Zurecht man ihn verlacht, gar abgemahnt der Dummheit wegen!“
Jetzt wandte ich mich an Goethe selbst: „Nun, mein Herr! Was sollte das mit dem Zauberlehrling? Dem Meister nicht widersprechen, immer nur gehorchen, nie eigene Erfahrungen machen?“
„Er rafft es nicht! Dumm geboren, dumm geblieben! Nie gelernt zu denken, sein Tun zu prüfen, sich zu hinterfragen. Ein Lehrer sollt er wirklich nicht mehr sein. Mephisto, ich muss Dich heute sehre loben! Hast recht getan, den Stuhl hinwegzuziehn, auf den er übermütig sich doch stellte. Kommt Ihm bekannt nicht vor das Ganze, einfach stur getan, was Ihm kam in den Sinn? Wollt klüger sein, als vor ihm alle und flattert um uns rum noch viel zu früh, denk ich.“
„Sie sind hart, großer Meister.“
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Mittwoch, 6. Januar 2016
Es beginnt am 23.12.
palmi63, 12:10h
Weihnachten, ich war dabei, die Weihnachtsbaumspitze zu befestigen. Die Hände voller Harz, aus dem Radio meiner Tochter dröhnte Technomusik, Opa hörte Marschmusik nicht viel leiser, mein Sohn lag verkabelt auf dem Sofa, wer weiß, was er hörte. Und dann hörten sie den Knall, der Stuhl, auf dem ich stand, krachte zur Seite, meine 150 Kilo nach hinten und … mehr weiß ich nicht.
Eine seltsame Ruhe umfängt mich, wundervoll und alles in hellem Lichte. Ganz in der Ferne schwebt ein gewaltiger Tisch regelrecht auf Wolken, um ihn herum unendlich viele Stühle und, … ja, es sind Engel, die um ihn herum Platz genommen haben.
Ich gelangte zu ihnen und ein Engel mit einem sehr faltigen, männlichen Gesicht, graue Haare, nach oben gewellt, begrüßt mich.
„Ah, der Herr Studienrat Lehmann!“
„Und Ihr, mein Herr?“, forderte ich ihn auf, sich vorzustellen.
„Kennt er mich denn nicht, den Geheimrat, dessen Werke er seit Jahrzehnten seine Schüler bearbeiten läßt!“
„Goethe, leibhaftig?“, fragte ich ihn erstaunt.
„Nun, nicht ganz leibhaftig, mehr so eine Art nebulöser Geist, nicht fassbar, man darf durch mich hindurchlaufen, dafür erspare ich mir allerdings den Stoffwechsel, war ja arg lästig. Und außerdem, Sie kennen es, mal traf der Koch Ihren Geschmack, mal nicht. Wie ich hörte gab es allerdings gewisse Fortschritte in Bad und Küche, Erleichterungen, an denen wohl der Edison nicht ganz unbeteiligt war.“
„All die großen Geister sind hier versammelt?“, wollte ich erstaunt wissen.
„Natürlich, leider auch die weniger großen Geister. Mephisto nahm es mir übel, dass ich meinen „Faust“ nicht für ihn gewinnend enden ließ. Deshalb sandte er mir einige Sünder aus seinem Reiche alsbald an meine Tafel, mir zur Plage.“
„Oder als Herausforderung?“, fragte ich keck.
„Stalin und Hitler als Herausforderung, nur weil sie kurz vor ihrem Ende noch ein Stoßgebet gen Himmel sandten?“
„Nun, schließlich seid Ihr einer der größten Denker der deutschen Geschichte, die moralische Instanz schlechthin, da werdet Ihr doch mit diesen beiden Gestalten fertig werden!“
„Und er will Lehrer gewesen sein? Ließ sich von seinen Schülern auf der Nase herumtanzen, schrie und brüllte acht Stunden am Tag.“
„Ihr wißt ja ziemlich viel, sprecht wie ein alter Schulmeister mit mir und jammert über die kleinste Herausforderung. Ach, übrigens, mit der Liebe in Euren alten Tagen, die Verrücktheit zur Levenzow …“
„Was meint er da?“
„Ein alter Greis, rennt einem so jungen Mädchen hinterher, macht sich zum Gespött der Leute.“
„Ich muss da noch mal mit meinem Mephisto sprechen, warum man Ihn zu mir gesandt? Reichte es nicht, zwei Diktatoren zu bekehren und jetzt noch einen Besserwisser!“
„Ich kann meinen Lehrer einfach nicht abschütteln! Verzeiht mir bitte!“
„Sei es! Er war ja wohl lang genug beschäftigt, seinen Zöglingen zu vermitteln, dass mein „Faust“ auch in seine heutige Zeit gehöret! Ich habe gelernt, dass Handys und Smartphones, Tablet-PCs und vieles mehr nicht geeignet sind, das Denken der Jugend zu fördern. Statt Dinge, Ereignisse, physikalische Gesetzmäßigkeiten als ein Ganzes zu sehen, greift man einen Fakt heraus, benennt ihn und kommt zum Nächsten.“
„Wie meinen?“
„Sieh er sich meinen armen „Faust“ an, ständig auf der Suche, sein Wissen zu erweitern, die Welt als Ganzes zu sehen. Er wollte nicht Katharine die Große sehen, wissen, welches Markenlabel sie gerade trägt, er wollte die Welt verstehen, was Menschen antreibt, die Welt zu verändern!“
„Jetzt verstehe ich!“, atmete ich erleichtert auf. „Ja, unsere Jugend weiß heute, was schick ist, wer wieviel Geld verdient ohne etwas dafür tun zu müssen…!
„Auch zu meiner Zeit gab es genügend junges Volk, was nur dem schnöden Mammon frönte, was sich durch Nichtstun auszeichnete und mitleidig auf andere herabschaute. Heute verbreiten sich diese Ideen schneller, bieten Stoff für Fernsehsender und Zeitschriften, wo das Wissen hinter den Schlagzeilen zurücktritt.“
Eine seltsame Ruhe umfängt mich, wundervoll und alles in hellem Lichte. Ganz in der Ferne schwebt ein gewaltiger Tisch regelrecht auf Wolken, um ihn herum unendlich viele Stühle und, … ja, es sind Engel, die um ihn herum Platz genommen haben.
Ich gelangte zu ihnen und ein Engel mit einem sehr faltigen, männlichen Gesicht, graue Haare, nach oben gewellt, begrüßt mich.
„Ah, der Herr Studienrat Lehmann!“
„Und Ihr, mein Herr?“, forderte ich ihn auf, sich vorzustellen.
„Kennt er mich denn nicht, den Geheimrat, dessen Werke er seit Jahrzehnten seine Schüler bearbeiten läßt!“
„Goethe, leibhaftig?“, fragte ich ihn erstaunt.
„Nun, nicht ganz leibhaftig, mehr so eine Art nebulöser Geist, nicht fassbar, man darf durch mich hindurchlaufen, dafür erspare ich mir allerdings den Stoffwechsel, war ja arg lästig. Und außerdem, Sie kennen es, mal traf der Koch Ihren Geschmack, mal nicht. Wie ich hörte gab es allerdings gewisse Fortschritte in Bad und Küche, Erleichterungen, an denen wohl der Edison nicht ganz unbeteiligt war.“
„All die großen Geister sind hier versammelt?“, wollte ich erstaunt wissen.
„Natürlich, leider auch die weniger großen Geister. Mephisto nahm es mir übel, dass ich meinen „Faust“ nicht für ihn gewinnend enden ließ. Deshalb sandte er mir einige Sünder aus seinem Reiche alsbald an meine Tafel, mir zur Plage.“
„Oder als Herausforderung?“, fragte ich keck.
„Stalin und Hitler als Herausforderung, nur weil sie kurz vor ihrem Ende noch ein Stoßgebet gen Himmel sandten?“
„Nun, schließlich seid Ihr einer der größten Denker der deutschen Geschichte, die moralische Instanz schlechthin, da werdet Ihr doch mit diesen beiden Gestalten fertig werden!“
„Und er will Lehrer gewesen sein? Ließ sich von seinen Schülern auf der Nase herumtanzen, schrie und brüllte acht Stunden am Tag.“
„Ihr wißt ja ziemlich viel, sprecht wie ein alter Schulmeister mit mir und jammert über die kleinste Herausforderung. Ach, übrigens, mit der Liebe in Euren alten Tagen, die Verrücktheit zur Levenzow …“
„Was meint er da?“
„Ein alter Greis, rennt einem so jungen Mädchen hinterher, macht sich zum Gespött der Leute.“
„Ich muss da noch mal mit meinem Mephisto sprechen, warum man Ihn zu mir gesandt? Reichte es nicht, zwei Diktatoren zu bekehren und jetzt noch einen Besserwisser!“
„Ich kann meinen Lehrer einfach nicht abschütteln! Verzeiht mir bitte!“
„Sei es! Er war ja wohl lang genug beschäftigt, seinen Zöglingen zu vermitteln, dass mein „Faust“ auch in seine heutige Zeit gehöret! Ich habe gelernt, dass Handys und Smartphones, Tablet-PCs und vieles mehr nicht geeignet sind, das Denken der Jugend zu fördern. Statt Dinge, Ereignisse, physikalische Gesetzmäßigkeiten als ein Ganzes zu sehen, greift man einen Fakt heraus, benennt ihn und kommt zum Nächsten.“
„Wie meinen?“
„Sieh er sich meinen armen „Faust“ an, ständig auf der Suche, sein Wissen zu erweitern, die Welt als Ganzes zu sehen. Er wollte nicht Katharine die Große sehen, wissen, welches Markenlabel sie gerade trägt, er wollte die Welt verstehen, was Menschen antreibt, die Welt zu verändern!“
„Jetzt verstehe ich!“, atmete ich erleichtert auf. „Ja, unsere Jugend weiß heute, was schick ist, wer wieviel Geld verdient ohne etwas dafür tun zu müssen…!
„Auch zu meiner Zeit gab es genügend junges Volk, was nur dem schnöden Mammon frönte, was sich durch Nichtstun auszeichnete und mitleidig auf andere herabschaute. Heute verbreiten sich diese Ideen schneller, bieten Stoff für Fernsehsender und Zeitschriften, wo das Wissen hinter den Schlagzeilen zurücktritt.“
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